Ulrich Retzki Berlin Kanzlei für Versicherungsrecht

Betriebs­unterbrechungs­versicherung

Aufsatz zur Betriebs­unterbrechungs­versicherung

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Als Ergänzung des Schutzes durch eine Firmen­inhaltsversicherung empfiehlt es sich für gewerbliche Unternehmen und Industrie­unternehmen, sich auch vor den Verlusten zu schützen, die durch eine Betriebs­unterbrechung infolge eines Brandes entstehen. Entsprechenden Schutz gewährleistet eine Feuer- Betriebs­unterbrechungs­versicherung („FBU-Versicherung“). Sie greift ein, wenn in einem Betrieb ein feuerbedingter Sachschaden an einer dem Betrieb dienenden Sache zu einer Betriebsunterbrechung führt. Dieser Sachschaden muss nicht unbedingt an einer versicherten, sondern lediglich an einer dem Betrieb dienenden Sache entstanden sein. Ersetzt wird dann der dem Unternehmensinhaber dadurch entstehende Unterbrechungsschaden.

Beim Abschluss einer FBU-Versicherung wird eine sogenannte Haftzeit vereinbart. Sie markiert den maximalen Zeitraum, während dessen der Versicherer einen Unterbrechungsschaden ersetzen muss. D.h. mit dem letzten Tag der Haftzeit endet die Zahlungspflicht des Versicherers, auch wenn der – unterbrechungsbedingte – Ertragsausfall noch andauern sollte.

Die FBU-Versicherung sichert dem Unternehmen die aufgrund eines Sachschadens nicht erwirtschafteten Gewinne und die fortlaufenden, umsatzunabhängigen Betriebskosten für die Dauer des vereinbarten Haftungszeitraumes. Außerdem deckt sie die häufig anfallenden Schadenminderungskosten, z.B. für diverse zusätzliche Aufwendungen zwecks schneller Wiederaufnahme des Betriebes.

Im Schadenfall sind zur Durchsetzung des Anspruchs aus der FBU-Versicherung die größere Zahl vertraglicher Bestimmungen anzuwenden, die den Deckungsumfang regeln. Der versicherte Unternehmer muss die anspruchsbegründenden Tatsachen schlüssig darstellen und anhand vollständiger Unterlagen belegen, denn er trägt für den Schaden und den Schadenumfang die Darlegungs- und Beweislast.

Bei Unterbrechungsschäden in produzierenden Unternehmen sind als Instrumentarien der Anspruchsdarlegung zu nennen: Quartalsmäßigen Absatzmengen der vorausgehenden Geschäfts-/Kalenderjahre; tatsächliche monatliche Ist-Produktion während der Haftzeit; bewertete Inventur an unfertigen Erzeugnissen und Fertigerzeugnissen per Haftzeitende; Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der vorausgehenden und betroffenen Jahre; Darlegung der genauen Mitarbeiterzahlen, deren Veränderungen sowie ggf. Anträgen und Genehmigungen von Kurzarbeit und deren Dauer und Aufhebung. Diese Aufzählung ist nicht per se vollständig.

Zur Darlegung gehört absolut auch das zeitliche Moment des Schadens, da der Versicherer regelmäßig (nur) für den Unterbrechungsschaden haftet, der innerhalb der Haftzeit entstanden ist. Zur schlüssigen Erfüllung der Darlegungs- und Beweislast gehört, diesen Schaden gegen unterbrechungsbedingte Vermögensnachteile abzugrenzen, die außerhalb der Haftzeit liegen.

Soweit im Streitfall eine Betriebsunterbrechung dem Umstand geschuldet ist, dass dem Unternehmen Geld fehlt, um seinen Betrieb wieder aufzunehmen, ist wichtig: Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer Betriebsunterbrechungsversicherung, nach der der Versicherer keine Entschädigung leistet, soweit ein Betriebsunterbrechungsschaden durch den Umstand vergrößert wird, dass dem Unternehmer zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung beschädigter oder zerstörter Sachen oder Daten nicht rechtzeitig genügend Kapital zur Verfügung steht, stellt keine Obliegenheit, sondern einen Risikoausschluss dar.

Die Berufung des Versicherers auf eine solche Kapitalmangel-Klausel kann treuwidrig sein, und sie ist es insbesondere dann, wenn der Versicherer aus einer Sach-Inhaltsversicherung Versicherungsleistungen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur der beschädigten oder zerstörten Sachen oder Daten schuldet. In diesen Fällen ist es wichtig herauszustellen, dass die verspätete Erfüllung der Hauptleistungspflicht aus der Inhaltsversicherung zur Folge hat, dass in der FBU-Versicherung die Berufung des Versicherers auf den Risikoausschluss sich als rechtsmissbräuchlich erweist und es ihm insoweit nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, die Leistung zu verweigern. Denn der Versicherer hat durch Leistungsverzögerung in der Inhaltsversicherung den Kapitalmangel des Unternehmens als Voraussetzung für den Leistungsausschluss zu verantworten, weil die Kombination beider Versicherungsverträge erkennbar bezweckte, dem Unternehmen im Falle eines Sach- Inhaltsschadens das nötige Kapital für Ersatzbeschaffung und Reparaturen zur Verfügung zu stellen. Aus vertragswidrigem Verhalten in der Inhaltsversicherung darf der Versicherer in der Betriebsunterbrechungsversicherung keine Vorteile ziehen.

Wenn der Versicherer seine fälligen Abschlagszahlungen verweigert, ist deutlich zu machen, dass er das versicherte Unternehmen auch nicht darauf verweisen kann, zur Schadenminderung die Betriebsunterbrechung mittels Kreditaufnahme abzuwenden oder zu verkürzen.

Bei dieser Sachlage hat der Unternehmer schon objektiv nicht gegen seine Obliegenheit zur Abwendung eines Unterbrechungsschadens verstoßen. Denn mit dem Abschluss der Sach- Inhaltsversicherung, deren Leistungsvoraussetzungen im Schadenfall (hier: Brand) erfüllt sind, hatte das Unternehmen ausreichend dafür Sorge getragen, dass für eine unverzügliche Schadensbehebung - und damit gerade auch zur Abwendung oder Minderung eines vergrößerten Betriebsunterbrechungsschadens - die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Angesichts der hieraus bestehenden Leistungspflicht des Versicherers hat dieser es selbst in der Hand, an einer zügigen Wiederaufnahme des Betriebs durch pünktliche Bereitstellung der Versicherungsleistung zu sorgen.

Ulrich Retzki
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Rechtsanwalt